Im Zuge der Steigerung ihrer Kriegsanstrengungen begann die russische Regierung im Sommer 1915, für Rüstungs- und Industriegüter der Entente- Verbündeten einen Hafen an der ganzjährig eisfreien Murmanküste einzurichten, der mittels einer rasch erstellten Bahnlinie durch die subpolaren Gebiete Kareliens und der Murman-Halbinsel mit der Hauptstadt Petrograd und der russischen Front verbunden werden sollte.
Neben Zehntausenden einheimischer Arbeiter wurden zwischen 1915 und 1917 auch 70.000 Kriegsgefangene der Mittelmächte zu den Bauarbeiten herangezogen, die allesamt unter den harten Bedingungen des Klimas, mangelnder Infrastruktur bei schlechter Organisation und überstürzter Eile litten. Nur durch den Umstand, dass sich die alarmierten Regierungen der Mittelmächte um das Wohl ihrer Gefangenen dort sorgten, trat das gigantische Bauprojekt in dem völlig unerschlossenen Gebiet kurzzeitig in den Gesichtskreis der Weltöffentlichkeit.
In der Arbeit wertet der Freiburger Osteuropahistoriker Reinhard Nachtigal systematisch das verfügbare Quellen- und Archivmaterial zum Bau der Murmanbahn aus. Vorausgegangen waren lange und gründliche Recherchen vor Ort in russischen Archiven.
Nach einem einführenden Kapitel zu Planung, Streckenverlauf und Konzessionsvergabe untersucht der Autor Anzahl und ethnische Zusammensetzung der Kriegsgefangenen sowie die Lebensbedingungen, unter denen sie arbeiten mussten. Er geht der Frage nach, inwieweit diese den russischen Behörden bzw. in den Heimatländern der Kriegsgefangenen bekannt waren und welche Massnahmen zur Verbesserung der Situation vor Ort von der jeweiligen Seite getroffen wurden. Von besonderer Bedeutung sind dabei deutsche Repressalien gegenüber russischen Kriegsgefangenen, die zur Verbesserung der Lage der deutschen Gefangenen an der Murmanbahn führen sollten. Dabei wird auch der völkerrechtliche Aspekt untersucht.
Ein eigenes Kapitel ist dem Abtransport von der Murmanbahn zum Ende der Baumassnahme gewidmet. Eine Zusammenstellung zur Flucht von der Murmanbahn rundet die Arbeit ab. Dabei zeichnen die Fluchtberichte ein lebensnahes Bild vom Arbeitsalltag und der Mühsal der Kriegsgefangenen.
Die Arbeit bietet ein umfangreiches Quellen- und Literaturverzeichnis sowie ein ausführliches Namensregister.